Auf der Außen- bzw. Rückseite des Altars sind Aussagen zur Eucharistie, d.h. zum Abendmahl dargestellt. Da im Kloster täglich die Eucharistie gefeiert wurde, ist davon auszugehen, dass die Außenansicht – der geschlossene Zustand des Altars – die Werktagsseite war und dass er nur an besonderen Festtagen geöffnet wurde. Das Bild auf der rechten Seite zeigt die Einsetzung des Abendmahls durch Jesus bei seinem letzten Mahl mit seinen Jüngern (Matth. 26). Die Tafel auf der linken Außenseite zeigt, wie Abram von Melchisedek, König von Salem, gesegnet und mit Brot und Wein gespeist wird (1.Mose 14). Im Neuen Testament (Hebr. 7) gilt Melchisedek als prophetische Vorankündigung des wahren Priesterkönigs Jesus Christus, und so wird diese Speisung als das alttestamentliche Vorbild des neutestamentlichen Abendmahls angesehen. Die Darstellung auf den vier Tafeln in der Mitte nimmt das Thema Eucharistie unter einem weiteren Gesichtspunkt auf, der angesichts der flächenmäßigen Größe dieser Darstellung offensichtlich hier das Hauptgewicht der Aussagen bildet. Günther Robra schreibt zusammenfassend dazu: „Ort der Handlung ist die Krypta der Kirche zum Heiligen Kreuz von Jerusalem in Rom. Papst Gregor (540 – 604) kniet während der Messe vor dem Altar. Verschiedene Legenden berichten, wie eine im Gottesdienst anwesende Person bezweifelt, dass Christus in Brot und Wein tatsächlich gegenwärtig ist. Auf Gregors Bitte erscheint Christus als der Auferstandene selbst auf dem Altar. Um ihn sind Personen und Geräte, die in Verbindung zum Passionsgeschehen stehen. Das sind Petrus und die Magd des Hohenpriesters aus der Verleugnung, sowie die Laterne aus der Gefangennahme Christi, Nägel und Hammer aus der Kreuzigung, Zange und Leiter aus der Kreuzabnahme. Das Bild stellt zwei Wirklichkeiten gleichzeitig dar, die Situation in der Kirche und die Vision Gregors, die durch den gelb-roten wolkenumkränzten hellen Schein herausgehoben ist. Ein älteres Andachtsbild, das in verkürzt symbolischer Form die Passion darstellt, wurde mit der Legende des Papstes Gregor verbunden. Dieser Bildtypus erscheint im 15. Jahrhundert und findet in den folgenden hundert Jahren eine weite Verbreitung, war mit ihm doch ein Ablass von Kirchenstrafen verbunden“ (Faltblatt, S.6). Eine kleine Besonderheit findet sich auf unserem Altarbild: in dem Geistlichen im roten Gewand, der dem Papst assistiert, ist, wie manche vermuten, der Abt von Ihlow dargestellt. Dagegen spricht allerdings die Tatsache, dass die Zisterzienser in Weiß gekleidet waren.
Quellen: Delbanco, Hillard, Kirchenführer Lamberti-Kirche Aurich, Aurich 2006 Robra, Günther, Der Ihlower Altar, o.J. (ca.1990), achtseitiges Faltblatt Derselbe, Der Ihlower Altar in der Lamberti-Kirche: Historische Information und theologische Botschaft. in: Passion und Propaganda, Ostfriesische Altarbilder in Religion und Kunst, Aurich 2001, S.14ff;